03.12.24
Apokalypse heute
Apokalypse heute
Die „Apokalypse des Johannes“ ist ein Text aus dem Neuen Testament. „Apokalypse“ heißt „Enthüllung“ oder „Offenbarung“. Denn der Text enthüllt vieles, was bisher verborgen war – verborgene spirituelle Kräfte, verborgene, verdrängte Kräfte in der Seele der Einzelnen und der Menschheit.
In diesem fast 2000 Jahre alten biblischen Buch ist unsere gegenwärtige Weltsituation mit ihren negativen Aspekten und positiven Möglichkeiten sehr genau beschrieben. Es strömen zur Zeit spirituelle Kräfte in unsere Welt ein, die, wenn wir negativ darauf reagieren, auch negative Wirkungen auslösen. Aber wir sind dieser Situation keineswegs hilflos ausgeliefert. Wir haben nämlich die Freiheit, auch positiv darauf zu reagieren – und dann haben sie positive Wirkungen.
Die „Apokalypse“ schildert Vorgänge, die immer am Ende von Entwicklungszyklen auftreten, sei es beim Einzelnen, sei es bei Völkern oder ganzen Kulturen. Sie enthüllt und prophezeit nicht unbedingt den endgültigen Weltuntergang oder sogenannten „Jüngsten Tag“. So wie wirtschaftliche konjunkturelle Entwicklungen ihren Anfang haben, einen gesetzmäßigen Verlauf nehmen und in mehr oder weniger großen Katastrophen, in begrenzten oder globalen Krisen kulminieren und enden können, so gibt es rhythmische Verlaufskurven kultureller und bewusstseinsmäßiger Entwicklungen von Einzelnen, Völkern und der ganzen Menschheit.
Diese Zusammenhänge stellt die „Apokalypse“ in Form von Bildern dar. Sie ist also eine Bildergeschichte. Und ihre Bilder passen nicht nur auf eine Endphase des Römischen Reiches, in dem Johannes, der Verfasser dieser Schrift, gelebt hat, sondern sie passen auf jede Endzeit, auch auf unsere gegenwärtige Krisenzeit. Wir können und müssen sie auf uns selbst beziehen. Hätten sie sonst irgend eine Bedeutung für uns? Wir leben bereits in der „Apokalypse“. Sie beschreibt unsere gegenwärtige Situation. Wir wollen deshalb heute die Bilder der „Apokalypse“ in Bezug auf unsere eigene Zeit untersuchen.
Zunächst geht sie von einer großen Schau auf die göttliche Welt und ihre Ordnung aus und stellt sie dar, ebenfalls in Form von Bildern. Da schaut Johannes, der Seher der Ereignisse, den „Einen“ auf einem leuchtenden Edelstein-Thron, umgeben von einem Regenbogen. Modern ausgedrückt, ist dieser „Eine“ ein das ganze Universum durchdringendes, unergründliches Kraftfeld, aus dem alle Dinge und Wesen hervorgehen, erhalten werden und ihrem Ziel entgegengedrängt werden. Er ist das Prinzip der Einheit aller Dinge und Wesen im Weltall.
Dieses Kraftfeld ist dreifach. Es ist erstens Geist, das heißt, schöpferische, unantastbare mentale Ordnung. Bild dafür ist der „Thron“. Zweitens ist es Seele, das heißt, für die göttliche Ordnung empfängliches und sie umsetzendes Leben – der „Thron besteht nämlich aus durchsichtig leuchtenden „Edelsteinen“, Symbolen für Seelenenergie. Und drittens ist dieses Kraftfeld des „Einen“ Licht, freies, selbstständiges Bewusstsein, was durch den „Regenbogen“ mit seinen sieben Farben, der siebenfachen göttlichen Wirksamkeit, versinnbildlicht wird.
Auch in jedem von uns wirkt dieser dreifach in sich gegliederte „Eine“ als Summe ewiger, göttlicher Kräfte. Sie können uns, wenn wir richtig darauf reagieren, zu unserer eigentlichen Würde und Freiheit, zur Unsterblichkeit, erheben. Nach dem Evangelium des Johannes, ebenfalls ein biblischer Text, ist in uns allen als unbewusste Anlage ein unsterblicher Mensch verborgen, der durch das „Wort“ des „Einen“ erweckt und befreit werden kann.
Der erste Aspekt eines wahren Menschseins, die mentale Grundlage eines unsterblichen Menschen, ist Einklang mit der göttlichen Ordnung.
Der zweite Aspekt sind gewaltige seelische Energien. Sie haben, als göttliche Energien, die Aufgabe, unser unsterbliches Leben sicherzustellen und harmonisch zu gestalten.
Und der dritte Aspekt ist ein unbegrenztes, freies, Bewusstsein: helles Licht.
Wort (Geist) – Leben – Licht, das sind die drei großen göttlichen Aspekte des „Einen“ und zugleich die drei Eigenschaften des in uns verborgenen göttlichen Menschen.
Doch das Gleichgewicht zwischen diesen drei göttlichen Faktoren in uns ist zur Zeit gestört. Wir Menschen haben uns im Lauf der Jahrmillionen durch Eigenmächtigkeit von dem „Einen“ gelöst und unsere eigene Ordnung, besser Unordnung, aufgebaut. Wir leben nicht mehr aus der Einheit des Geistes und der Einheit mit dem Universum.
Darum ist der erste Faktor, der Geist, in uns praktisch unwirksam und unbewusst geworden. Unsere seelischen Energien haben sich mit der Zeit gegen den Geist verselbstständigt, bis zu einem Krisenpunkt, den wir gegenwärtig als katastrophale Unordnung erleben. Und aus dem ursprünglichen göttlichen Licht, dem hellen Bewusstsein eines wahren Selbstes, ist ein eigenmächtiges Ich mit begrenztem, dunklem Bewusstsein geworden. Es vergrößert die Unordnung ständig.
Es gibt Menschen wie Johannes, Verfasser der „Apokalypse“, die ein Bewusstsein entwickelt haben, mit dem sie auch die geistig-seelischen Zusammenhänge im Universum schauen, weil sie noch oder wieder aus der großen Einheit leben. Und das Geschaute fassen sie dann in Bilder. Wir gewöhnlichen Menschen haben dieses Bewusstsein nicht oder nicht mehr, weil wir, auf Grund der überheblichen Eigenmächtigkeit unseres Ichs mit seinem an die Sinne gebundenen Intellekt, die Einheit mit dem All und mit dem „Einen“ auf dem Thron verloren haben.
Eben diese Eigenmächtigkeit der seelischen Energien veranschaulicht Johannes durch einen „Drachen“. Dieser ist das Sinnbild für die Empörung des Menschen und der Menschheit gegen jede göttliche und natürliche Ordnung und Sinngebung. Er ist das Prinzip der Selbstbehauptung des Menschen, die „Schlange“ des Paradieses, die sich als das Maß aller Dinge fühlt und die Einbettung des Menschen in kosmische und spirituelle Zusammenhänge leugnet.
Unsere intellektuelle Eigenmächtigkeit suggeriert uns, alles im Weltall sei Materie und das Universum sei eine Art seelenlose Maschine.
Man sieht also, wie weit sich heute der „Drache“ unseres Bewusstseins schon bemächtigt hat, wie er uns zur Vorstellung zwingen möchte, alles sei sinnlos, und wir selbst seien nur Stäubchen im All, ohne sinnvolle Aufgabe darin. Die hauptsächliche Ursache des gegenwärtigen Chaos in der Menschheit und im Einzelnen ist diese Suggestion des „Drachen“.
Er ist Symbol für den materialistischen Atheismus, der sämtliche Lebensäußerungen durchsetzt und beherrscht und als Nihilismus Macht über die Menschen ausübt. Er ist bestrebt, als psychotisch-dämonische Energie aus den Untergründen der Seele das vernünftige Ich unserer Persönlichkeit zu zersetzen und kollektive Wahnvorstellungen, falsche Erlösungshoffnungen und Ideologien hervorzurufen, um auch die letzten noch wirksamen spirituellen, religiösen und vernünftigen Traditionen zu zerstören.
Die satanische Energie des „Drachen“ bringt nun drei Ausdrucksformen hervor, welche zu allen Zeiten die Menschheit beherrschen können und sich auch in unserer Zeit auf moderne Art konkretisieren. Die erste Ausdrucksform ist das „erste Tier“, das laut der „Apokalypse“ aus dem „Meer“ heraufsteigt. „Meer“ ist nach allen im Text enthaltenen Angaben das Sinnbild für unsere biologisch-vitalen Kräfte, die Lebenskräfte des Einzelnen und der Menschheit, die bewusst oder unbewusst wirken können. Das Tier aus dem Meer ist somit Symbol für die Konzentration dieser Vitalkräfte, das Prinzip der Herrschaft des Stärkeren, das Führerprinzip, Symbol für den Kampf ums Dasein als scheinbaren Lebenssinn. Wenn diese Kräfte des Tieres behindert werden, reagiert es mit Emotionen der Rache, Vergeltung und Grausamkeit. Und all dies, konzentriert im Tier aus dem „Meer“, wird von der Kraft des „Drachen“ genährt.
Denn der Verfasser der „Apokalypse“ weiß, dass die Grundlage einer solchen biologistischen Lebenseinstellung rein materialistisch ist. Die aus dem „Drachen“ hervorgehende Wissenschaft leugnet jede Spiritualität und begründet die Lebenszusammenhänge durch materialistische Evolutionstheorien. Das Weltall soll zufällig entstanden sein und sich weiterentwickelt haben, ebenso die Tier- und Menschenwelt durch zufällige Mutation und Selektion.
Eine spezielle, moderne Ausdrucksform dieses „Tieres aus dem Meer“ ist, Sie spüren es sicher schon, der Faschismus. Damit soll nicht gesagt sein, dass Johannes prophetisch diese Bezeichnung vorausgesehen hat. Aber er hat auf Grund seiner Kenntnis der kosmischen und irdischen Kräftespiele geschaut, dass in Endzeiten immer derartige Erscheinungen auftreten.
Und dieses „Tier“ ist nicht auf die politisch-soziale Form des Faschismus beschränkt, sondern zeigt sich weit umfassender in vielen Lebensäußerungen unserer Zeit, im weltweiten Terrorismus, in Geiselnahmen und Amokläufen, in Kriegen wie in Syrien, Afghanistan und der Ukraine, in der Verdrängung der sozial Schwachen durch die Starken.
Unterbrechen wir hier kurz und machen uns klar, dass Johannes in seinem Text den negativen Erscheinungen immer auch positive Entwicklungen gegenüber stellt. Er spricht zum Beispiel von den durch den göttlichen Geist „Versiegelten“, die vor den negativen Erscheinungen geschützt sind. Es sind alle, die sich auf die spirituellen Einflüsse aus der göttlichen Welt positiv ausrichten und dadurch in der Lage sind, die negativen Vorgänge auf der Erde zu erkennen und sich in Ruhe davon zu distanzieren. Und das ist uns auch in dieser Minute in Bezug auf das Tier aus dem Meer möglich.
Nach diesem ersten Tier aus dem Meer steigt ein zweites aus der Erde herauf. Es hat die Gestalt eines Lammes mit zwei Hörnern und imitiert so das göttliche Lamm, das aus dem Himmel kommt und Sinnbild für Jesus, den Christus ist. Das Lamm aus der Erde steht nicht vor Gott wie das göttliche Lamm, sondern es steht vor dem Drachen und dem ersten Tier und erhält von ihnen seine Kraft. Es ist also ebenfalls im materialistischen Atheismus verwurzelt und wird von biologisch-emotionalen Energien gespeist.
Es ahmt als „falscher Prophet“, wie es in der „Apokalypse“ auch genannt wird, die göttliche Wahrheit, Liebe und Hingabe von Jesus, dem wirklichen Lamm, nach, lebt aber aus der Lüge, der Macht und der Gewalt. Es spricht wie das göttliche Lamm von Menschenliebe und Brüderlichkeit und behauptet, die Menschheit aus Knechtschaft und Lüge erlösen zu wollen. Doch bezieht es seine Kraft aus der Macht des Drachen und des ersten Tieres und strebt die Erlösung allein auf materieller Grundlage – es kommt ja aus der Erde herauf – und durch Gewalt und Manipulation an.
Eine spezielle, moderne Ausdrucksform dieses Tieres aus der Erde, dieser Nachahmung des Christus ist, Sie spüren es sicher schon wieder, der autoritäre Sozialismus, wo immer er auf der Erde erscheint, erst recht in seinen gewalttätigen Auswüchsen in Stalinismus und Maoismus. Sie erkennen gewiss die verführerische Imitation: Die anfänglich propagierten menschlichen Werte schlagen in ihr Gegenteil um. Aus scheinbar brüderlicher Menschenliebe wird auf Klasseninteressen beruhende Solidarität, aus verheißener Erlösung der Armen und Unterdrückten wird die Diktatur des Proletariats, aus Befreiung durch Auflösung von Macht wird scheinbare Befreiung durch Macht, aus demokratischer, freier, gewachsener Gemeinschaft wird manipulierte, organisierte, bürokratisierte Gesellschaft.
Sicher haben die Menschen, die solche Projekte unterstützen, oft die besten humanen oder christlichen Absichten. Aber der „falsche Prophet“ macht sie, als „Wolf im Schafspelz“, seinen Zwecken dienstbar. Auch im allgemeinen Machbarkeits- und Fortschrittswahn des Menschen der Erde, der sich selbst für das Maß aller Dinge hält, drückt sich dieses Tier aus, in der Einbildung, mit Hilfe von Technik und Wissenschaft ein Paradies auf Erden schaffen zu können.
Die „Apokalypse“ enthüllt weiter, dass dieses zweite Tier, der „falsche Prophet“, „große Zeichen tut und die Bewohner der Erde beredet“, dem ersten Tier ein Bild zu machen. Wörtlich: “Und es wurde ihm gegeben, diesem Bild (des ersten Tieres) ... Lebensgeist zu verleihen, so dass das Bild des Tieres sogar redete und bewirkte, dass alle getötet wurden, die das Bild nicht anbeteten“ (Off.13, 15).
Man denkt hier sofort an die Gleichschaltung der Menschen in totalitären Staaten durch die Medien und an die Liquidierung von sogenannten Unangepassten, man denkt bei den „Zeichen“ des „falschen Propheten“ an die ständigen Verheißungen einer herrlichen Zukunft, und man denkt an die moderne Unterhaltungsindustrie, die den biologischen Bedürfnissen der Menschen Schein-Befriedigung in Form von lebendigen Bildern, nämlich Filmen und Infotainment, verschafft. Solche Bilder- und Wortfluten halten die Menschen gefangen und lassen sie nicht zu sich selbst und zu eigenem Denken kommen.
Zur Illustration dieser Verhältnisse kommen nach dem Bericht der „Apokalypse“ drei „unreine Geister“ als Frösche aus dem Mund des „falschen Propheten“ hervor: quakende Dämonenformen, welche die Menschen zusätzlich verwirren. Man wird hier an die Worthülsen und Schlagwörter erinnert, welche die öffentliche Meinung beherrschen, an das unaufhörliche Reden und Mitreden Befugter und Unbefugter, und an den allgegenwärtigen Lärm, der die Menschen nicht mehr zur Ruhe kommen lässt.
Auch alle fundamentalistischen Tendenzen in den Weltreligionen, zum Beispiel „Isis“, gehen aus dem Willen zur Macht des ersten Tieres und den scheinbar menschenfreundlichen Absichten des zweiten Tieres, des Lammes aus der Erde, hervor. Die Religionen an sich haben zwar ihren Ursprung in der universellen göttlichen Wahrheit, Freiheit und Liebe, können aber im Lauf der Zeit durch Macht und Propaganda, das heißt durch das „Tier aus dem Meer“ (Macht) und das „Tier aus der Erde“ (Propaganda) korrumpiert, fundamentalistisch und gewalttätig werden.
Stellen wir uns für einen Augenblick wieder auf die Seite der vom göttlichen Geist „Versiegelten“. Diese haben die Möglichkeit, in innerer Ruhe die Geschehnisse ins Auge zu fassen und frei davon zu werden.
Aber mit den beiden Tieren ist die Katastrophe und Gefangenschaft der heutigen Menschheit noch lange nicht vollständig beschrieben. Denn aus dem Drachen geht nach dem ersten und zweiten Tier eine noch gewaltigere, umfassendere Macht hervor, die auch unsere Zeit durch und durch prägt. Es ist ein Weib „auf einem scharlachroten Tier sitzend“. Dieses Weib ist nach den Worten der „Apokalypse“ die „große Stadt Babylon, die die Herrschaft über die Könige der Erde hat“.
Man braucht diese Stadt nicht nur mit dem antiken Rom zu identifizieren, wie es der Verfasser der Apokalypse zu seiner Zeit getan hat. „Stadt“, „Riesenstadt“, „Staat“ ist ein zeitloser Archetyp für Reichtum, Arbeitsteilung, rationale Organisation, Vernetzung und Zweckbeziehungen zwischen den Menschen, und das Weib auf dem scharlachroten Tier lässt sich als Besitzgier überhaupt auffassen.
Das Weib wird als die große „Buhlerin“, die „Hure“, bezeichnet, und ist damit das Sinnbild für jede Seele, die ihre Würde und Selbstständigkeit als aus Gott geborene ewige Seele dem flüchtigen Lebensgenuss und dem Geld verkauft.
Und die scharlachrote Farbe des Tieres, auf dem sie sitzt, bezieht sich auf die sexuelle Begierde, die Libido, die Grundlage jeder Besitzgier, des Haben-Wollens in Form von weltweiten Spekulationen und des Genusses in Form von Konsum.
Die „Könige“, sprich die Politiker, verfallen dieser absoluten Besitzgier, der Vorstellung vom unaufhaltsamen Wirtschaftswachstum. Sie treiben mit dem Weib, so lautet der Text, „Unzucht und Üppigkeit“. „Die Kaufleute der Erde“ sind ihre Agenten, und groß ist deren Vorrat an Gold, Silber und Edelsteinen – alle nur denkbaren Waren werden im Text aufgezählt: „Wagen und Sklaven, sogar Menschenseelen“. So heißt es wörtlich. Denn wir erleben es: In einem schrankenlosen, globalisierten neoliberalen Kapitalismus wird wirklich alles zur Ware und zu Sklaven. Auch mit Wagen wird heutzutage im Überfluss gehandelt. Sogar Menschenseelen werden gekauft und verkauft. Sind nicht die Menschen der Dritte-Welt-Länder praktisch unsere Sklaven und werden nicht schon die Seelen unserer Kinder dem Moloch Gewinn, Besitz und Erfolg rücksichtslos geopfert?
Natürlich ist nichts gegen Handel, Wirtschaft und Besitz zu sagen, solange sich diese Bereiche in einer vernünftigen, maßvollen Ordnung halten und dem Menschen dienen. Doch das Weib auf dem scharlachroten Tier ist die Verabsolutierung des Besitztriebs, seiner Herrschaft über alle Bereiche des Lebens, sogar über die Politik, sogar über die Menschenseelen.
Was wir kollektiv erleben, das ist auch in uns als Einzelnen präsent. Denn der Drache und die Tiere aus dem Abgrund sind ja Energien in den Tiefen unserer Seele, die sich auch in uns aus der Einheit des Seins losgerissen haben und uns beherrschen. So bringen wir unser unsterbliches Geistprinzip als die Grundlage unseres Daseins, unsere Seele und unsere vernünftige, verantwortungsbewusste Persönlichkeit in Gefahr.
Fragen wir, warum es überhaupt zu solchen Endzeiten kommt und wie die geschilderten Ereignisse ausgelöst werden, so enthüllt uns die „Apokalypse“: Die Spannung zwischen der göttlichen Ordnung und der Unordnung in der Menschenwelt wird so groß, dass unvermeidlich eine Entladung und Korrektur erfolgen muss.
Wir berühren hier das große Geheimnis des Christentums. In der „Apokalypse“ wird nämlich schon zu Anfang ein „Buch“ beschrieben, das in der rechten Hand des „Einen“ liegt, mit sieben Siegeln verschlossen ist und nur vom göttlichen Lamm geöffnet werden kann.
Was ist dieses „Buch“? Und warum kann nur das „Lamm“ das Buch öffnen?
Das „Buch“ ist Bild für ein „Informationsfeld“ im Universum, wie wir heute sagen würden, das den göttlichen Entwicklungsplan für Welt und Menschheit enthält. Es ist die Bestimmung des Menschen, frei zu werden und zu sein. Das „Buch“ ist „inwendig beschrieben“ – das bezieht sich auf die geistig-seelische, innere Entwicklung zur Freiheit – und „auswendig beschrieben“, was die materielle, äußere Entwicklung zur Freiheit bedeutet. Und es heißt weiter im Text:
„Niemand konnte das Buch öffnen“, also diesen Plan schauen und dessen Verwirklichung auslösen, außer das göttliche Lamm: Jesus, der Christus.
Warum nur Jesus, der Christus? Denken Sie an die biblischen Evangelien. Jesus hatte durch seine Inkarnation aus der unvergänglichen göttlichen Welt in einen vergänglichen irdischen Menschen und seinen spirituellen Weg die Trennung zwischen der irdischen und der göttlichen Welt überwunden.
Bis zu Jesus konnten die Schwingungen aus der göttlichen Welt nicht unmittelbar in die Menschenwelt einströmen. Gott, zum Beispiel Jahwe im mosaischen Judentum, wurde nur als äußere moralische Autorität aufgefasst und wirkte nicht unmittelbar im Innern des Menschen. Dadurch bestand eine undurchdringliche Mauer zwischen der göttlichen Ordnung und der menschlichen Unordnung.
Aber auf seinem Weg durch die Welt erweckte Jesus den Gott in seinem Innern, wurde dadurch selbstständig und unabhängig. Er errang wieder die bewusste Einheit mit dem „Einen“, und was von dem einen Menschen errungen wurde, das können, in seiner Kraft und seinem Vorbild, seitdem alle anderen Menschen ebenfalls erringen. Durch seinen Mysterienweg, den er sein ganzes Leben über vollbrachte (denken Sie an die Versuchungen in der Wüste und an Gethsemane), ließ er die Eigenmächtigkeit des sterblichen Ichs „ersterben“, und machte dadurch die Auferstehung seines wahren Selbstes möglich, das den „Einen“ im Innern erlebte und wieder eins mit der göttlichen Welt wurde
So entfernte er die Blockade zwischen der göttlichen und der irdischen Welt und öffnete die Schleusen für die göttlichen Kräfte, die seitdem ungehindert in die irdische Welt eindringen und alle Unordnung auflösen können. Die Evangelien schildern denselben Vorgang durch das schöne Bild, dass der Vorhang im Tempel zerriss, der bisher das Allerheiligste vom Irdischen getrennt hatte.
Das war der große Umschwung in der Menschheitsentwicklung. Das Leben von Jesus bildet das Scharnier zwischen der Involution der Menschheit in die Gefangenschaft der materiellen Welt und ihrer Evolution in die Freiheit der göttlichen Welt.
Wie die Sonne nach einem Gewitter durch finstere Wolken bricht, so zerbricht die kosmische Christuskraft die Fesseln, die ihr die empörerischen Seelenenergien seit Jahrtausenden angelegt haben.
Und die göttlichen Kräfte strömen nun als Maßstäbe, an denen das irdische Leben gemessen wird, auf vier Ebenen in die Menschheit ein: auf der Ebene des Geistes, der der Seele, der der Lebenskräfte und der des Körpers. Auf jeder Ebene wirken sie siebenfach, entsprechend den sieben Schichten, aus denen der Mensch aufgebaut ist.
Die „Apokalypse“ stellt dar, wie das Lamm im Himmel, Sinnbild für den Christus, zuerst sieben Siegel des Buches öffnet, was die Wirksamkeit der göttlichen Geistprinzipien auslöst.
Danach wirken sieben göttliche Seelenschwingungen, versinnbildlicht durch sieben Engel mit Posaunen. Sie lösen die verdorbenen seelischen Schwingungen der irdischen Welt auf. Sodann wirken sieben Ernte-Engel, die prüfen, welche Früchte im Bereich der Lebenskräfte die Menschen im Lauf der Zeit gebracht haben. Und schließlich korrigiert die Ausgießung von sieben Schalen göttlichen Zornes die Unordnung der materiellen Welt.
Dabei geht es einerseits tatsächlich stets um die Korrektur der Unordnung, und das kann wirklich als katastrophales Strafgericht empfunden werden. Je größer aber der Widerstand gegen die Korrekturen, desto größer werden die leidvollen Konsequenzen sein. Apokalyptische Filme und Bücher unserer Zeit konzentrieren sich ausschließlich auf diese katastrophale Seite der Vorgänge.
Andererseits haben die Menschen aber auch die Chance, schon vor Eintritt und erst recht während der Katastrophen deren Ursachen zu erkennen und das Ruder herumzureißen. Die göttliche Ordnung ist in jedem Menschen angelegt und will von ihm verwirklicht werden. Jeder kann versuchen, frei mit ihr mitzuarbeiten. Tut er das, so wird er wieder in die göttlichen Ströme miteinbezogen werden und das damit verbundene Glück erleben. Denn die Maßstäbe der göttlichen Welt drängen die Menschen und möchten ihnen helfen, ihre eigentliche Natur, ihre Christusnatur oder Buddhanatur, ihr wahres Selbst, zu verwirklichen.
Es ist wie bei einem Strom. Der Strom der göttlichen Liebe will die dem wahren Selbst entsprechende Ordnung verwirklichen. Jeder hat die Möglichkeit, gegen den Strom zu schwimmen, der dann aufschäumt und als Strafe, Katastrophe und göttlicher Zorn empfunden wird. Jeder hat aber auch die Möglichkeit, mit dem Strom mitzuwirken, und empfindet ihn dann als Hilfe zur Selbstverwirklichung und göttliche Liebe.
Johannes schildert die Ereignisse so, als spielten sie sich nacheinander ab. In Wirklichkeit geschehen sie alle gleichzeitig, nur kann er sie so nicht darstellen. Seine Reihenfolge ergibt sich daraus, dass die geistigen Einflüsse Priorität haben. Es beginnt mit den apokalyptischen „Reitern“, Symbolen für göttlich-geistige Energien. Von ihnen abhängig sind die seelischen Einflüsse, die „Posaunenengel“, dann kommen die vitalen Einflüsse als „Ernteengel“ und am Schluss die materiellen Wirkungen, symbolisiert durch die „Zornschalen“.
Betrachten wir einige Beispiele für die Wirksamkeit der göttlichen Kräfte, zuerst die ersten vier Siegel, bei deren Öffnung die vier apokalyptischen Reiter ausgesandt werden. Sie kennen sicher die Darstellungen dieser Reiter durch Albrecht Dürer.
Mit dem Öffnen des ersten Siegels erscheint der Reiter auf dem weißen Pferd. Er wird als „Sieger“ bezeichnet und hält einen Bogen mit Pfeilen in der Hand. Stellen Sie sich aber jetzt nicht einen konkreten Reiter vor, der aus dem Himmel in die irdische Welt hineinstürmt. Der Reiter verkörpert vielmehr ein hohes geistig-göttliches Prinzip, das göttliche Denken, welches das ganze Weltall durchzieht und es ordnet. Er ist, um es modern auszudrücken, ein dynamisches Kraftfeld, das im Weltall und allen Geschöpfen wirkt und ihrer Entwicklung das Ziel vorgibt. Es wirkt auch heute in jedem einzelnen Menschen und der ganzen Menschheit.
Wer dieses Kraftfeld in sich wirken lässt und sich eindeutig darauf ausrichtet, arbeitet mit dem göttlichen Denken zusammen und kann selbst ein freies Denken entwickeln, das allmählich die Struktur der göttlichen Welt erkennt und damit eins ist.
Wer sich aber dagegen wehrt und sein eigenmächtiges intellektuelles, materialistisches Denken behaupten will, dessen falsches Denken wird von diesem Kraftfeld, diesem Reiter auf dem weißen Pferd, dem „Sieger“, zerstört. Er kann es nicht mehr aufrecht erhalten und wird nur innere Leere und Sinnlosigkeit verspüren, weil, und solange, noch kein neues Denken in ihm entstanden ist.
Zweitens erscheint, nach dem Öffnen des zweiten Siegels, der Reiter auf dem roten Pferd. Man kann ihn als die geistig-mentale Grundlage der göttlichen Liebe bezeichnen, die alle Wesen im All fördert, ihrem Lebensziel entgegenführt und ihnen die notwendige Kraft dafür gibt. Es handelt sich also ebenfalls um ein Maß gebendes Kraftfeld, das im ganzen All und in jedem Menschen wirkt.
Wer damit zusammenarbeitet und alle Hindernisse für die Wirksamkeit der göttlichen Liebe, gerade mit Hilfe dieser Liebe, auflösen lässt, der wird selbst zur göttlichen Liebe und verwirklicht sie. Wer sich jedoch dagegen wehrt, und den Mitmenschen mit Besitz ergreifender Liebe begegnet, dessen falsche Liebe wird zerstört. Viel falsche Liebe, falsche Brüderlichkeit und Solidarität, falsche Harmonie, existiert unter den Menschen.
Zum Beispiel unsere Pädagogik. Wir lieben unsere Kinder. Aber wie? Wir richten sie auf beruflichen Erfolg und Funktionieren in der Gesellschaft ab. Das ist gewiss keine fördernde Liebe, die das Wesen des Kindes ernst nimmt. Diese falsche Liebe wird vom Reiter auf dem roten Pferd entlarvt. Deshalb hat er ein Schwert in der Hand, so wie Jesus, der große Liebende, einst gesagt hat: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Nach der Öffnung des dritten Siegels erscheint der Reiter auf dem blauschwarzen Pferd. Er hat eine Waage in der Hand und symbolisiert das mentale göttliche Kraftfeld der Gerechtigkeit, des Ausgleichs aller politischen, sozialen und individuellen Ungerechtigkeit. Wer mit diesem Kraftfeld zusammenarbeitet, wird alle Missverhältnisse in seinem Leben auflösen und innere Harmonie finden, mit der er der göttlichen Gerechtigkeit dient. Wer sich dagegen wehrt, wird neue Ungleichgewichte schaffen.
Beispiele für kollektive Missverhältnisse gibt es genug. Johannes selbst beschreibt das Phänomen der Inflation, des immer größeren Ungleichgewichts zwischen Geldwert und Kaufkraft: Weizen und Gerste werden immer teurer.
Lange Zeit haben wir im Westen weltweit gegen die drei ersten Reiter gearbeitet und gegen die von ihnen verkörperten Gesetze verstoßen.
Wir haben zum Beispiel die arabische Welt auf der Grundlage unseres materialistischen Machtdenkens rücksichtslos und ungerecht behandelt. Wir haben die Völker unterdrückt, ihre Menschenwürde missachtet und durch Waffenhandel und wirtschaftliche Ausbeutung enorme Ungleichgewichte geschaffen. Da müssen wir uns nicht wundern, wenn als ausgleichende Gegenwirkung Flüchtlingsströme von dorther zu uns kommen.
Und schließlich erscheint, viertens, der Reiter auf dem fahlen Pferd mit einer Sense in der Hand. Er wird der „Tod“ genannt. Er veranschaulicht ein mentales göttliches Kraftfeld, das die Ursache des Todes zerstören möchte. Was ist die Ursache des Todes? Unsere falsche Einstellung zur vergänglichen Welt, unser Lebenshunger. Der Lebenshunger baut immer wieder, Inkarnation nach Inkarnation, aus vergänglichen irdischen Kräften einen vergänglichen Körper auf, eine Form, die unweigerlich, da sie vergänglich ist, vergehen wird. Deshalb bringt der Reiter auf dem fahlen Pferd, der eine unvergängliche Form aus unvergänglichen göttlichen Kräften aufbauen will, den Menschen den Tod ihrer vergänglichen Form.
Dieser Reiter zerstört somit auch das falsche Denken, die Dogmatik eines verflachten Christentums. Viele Menschen glauben ja, dass ihr sterblicher irdischer Körper am Jüngsten Tag für ewig auferweckt wird, sei es auch als verklärter irdischer Leib. Statt dessen stellen die Evangelien am Beispiel von Jesus dar, dass Menschen, die Jesus folgen und erlöst werden wollen, schon im Leben einen unsterblichen, neuen, geistigen Leib aufbauen müssen, der vom Tod nicht mehr erreicht werden kann.
Das göttliche Kraftfeld des vierten Reiters möchte einen solchen unzerstörbaren geistigen Leib, einen Auferstehungsleib, in uns aufbauen, wie ihn Jesus zeit seines Lebens in sich aufgebaut hatte.
Wer mit diesem Reiter zusammenarbeiten und auf einem spirituellen Weg einen neuen unsterblichen Geistleib aufbauen will, muss also seine falsche Einstellung zur irdischen Welt, seinen Lebenshunger, die Ursache des Todes, und seine Illusion preisgeben, sein sterblicher irdischer Körper werde am Jüngsten Tag unsterblich auferstehen. Dann erst kann aus seinem ewigen Geistprinzip ein neuer, unvergänglicher Leib in ihm entstehen.
Ähnlich wie die sieben mentalen Prinzipien auf der Geistebene, unter anderem die vier Reiter, wirken die sieben Posaunenengel auf der Seelenebene. Beim Blasen der fünften bis siebten Posaune zum Beispiel werden der Drache und die beiden Tiere in der Verborgenheit der dunklen seelischen Tiefen provoziert und ans Licht gedrängt. Es sind psychotische Kräfte, die den Menschen in furchtbarer Knechtschaft und Unfreiheit halten, Verkörperungen des eigenmächtigen Ichs und der großen daraus entstehenden Ideologien. Diese werden durch die göttlichen Seelenschwingungen, die Posaunenklänge, zu heftigster Abwehr veranlasst und versuchen in einer letzten Anstrengung, ihre Beute, die Menschheit, zu behalten.
Wer mit ihnen gemeinsame Sache macht, erlebt die Folgen dieses Widerstands gegen die göttlichen Kräfte: seelische Krankheiten der furchtbarsten Art, wie sie in der „Apokalypse“ dargestellt werden.
Aber jeder könnte auch mit den Posaunenengeln zusammenarbeiten und eine neue Seelenverfassung aufbauen, die mit der göttlichen Seelenwelt übereinstimmt. Dann würde er zu den „Seligen und Heiligen“ gehören, die in verschiedenen Szenen der „Apokalypse“ auftreten. Die Anhänger der „Tiere“ dagegen, und diese selbst, werden in den „Feuersee“ geworfen. Das heißt, sie erleiden die göttlichen Seelenschwingungen, da sie ihnen Widerstand geleistet haben, als brennende Reue und Schuldgefühle.
Im dritten Siebenerkreis, dem der Vitalität, wird durch sieben Ernte-Engel geprüft, welche Früchte die Menschen durch ihre Lebenskräfte in der Lebenssphäre der Erde hervorgebracht haben. In einer großen Kelter werden alle Menschen gepresst, und es zeigt sich der Wert ihres bisherigen Wollens und Strebens. Wo ihre Trauben in der Sonne des Geistes gereift sind, da ist wertvoller Wein, spirituelle Lebensenergie, entstanden. Wo nicht, da tritt nur wertloses Lebensblut hervor, das riesige Seen bildet.
Schließlich wird ein Fehlverhalten der Menschen im materiellen Bereich durch sieben Engel mit Schalen voll des göttlichen Zornes korrigiert.
Hier ist zum Beispiel an unsere Versuche zu denken, durch Kernspaltung Energie zu gewinnen. Wir zerstören, auch durch friedliche Nutzung der Atomenergie, grobmaterielle Grundlagen unserer Welt und setzen zugleich ununterbrochen feinmaterielle Energien frei. So verstoßen wir gegen die ersten beiden Gesetze der göttlichen Formenergie, nämlich harmonischen Stoffwechsel und ausgeglichene Lebensfunktionen im Körper. Und das löst nach der Schilderung der „Apokalypse“ böse Geschwüre im Körper aus – heute sprechen wir von Krebs.
Das „Große Babylon“ wird am Ende vom Feuer des Engels mit der siebten Schale voll des göttlichen Zornes verbrannt. Er zerstört durch göttlich-physische Energien auf der Körperebene die weltweit organisierte Wirtschafts- und politische Macht, bis nur noch das Nichts zurückbleibt. Sie geht auf lange Sicht an ihren eigenen Widersprüchen zu Grunde. Auch hier ist der göttliche Zorn eigentlich die göttliche Liebe, die nur als Zorn erlebt wird, wenn man ihr Widerstand leistet. Widerstand leisten alle, die aus Gier andere Menschen und die Erde ausbeuten. Kein Wunder, dass das „Große Babylon“, das Weib auf dem Drachen, das globale Wirtschaftsimperium im Chaos untergeht.
Somit triumphiert am Schluss die kosmische göttliche und die darauf bezogene natürliche Ordnung auf allen Ebenen. „Das göttliche Wort“, der Christusgeist, errichtet, auf einem weißen Pferd sitzend, erneut das Reich des göttlichen Geistes. Ein neues Jerusalem, ein Seelenreich von unendlicher Schönheit, sinkt vom Himmel herab. Und eine neue Lebenssphäre und ein neues materielles Reich, ein Paradies mit vier Strömen lebendigen Wassers, entsteht.
Dass dort die Erlösten ununterbrochen Palmzweige schwingen und Lieder singen, darüber haben unverständige Leser der „Apokalypse“ immer weidlich gespottet. Wie langweilig sei doch das Leben der Seligen! Aber „Lieder singen“ bedeutet sinnbildlich, bewusst Seelenschwingungen freizusetzen, welche die Welt durcheilen und allen Wesen Kraft zur Selbstverwirklichung zuführen.
Und „Palmzweige schwingen“ heißt, Friedenskräfte auszusenden, die Konflikte und Kriege aufheben können. Das ist es, was die Erlösten im neuen Jerusalem und von dort aus für die übrigen Menschen tun, und das ist keineswegs langweilig, weder für sie, noch für die Unerlösten.
Muss man sich also vor und in den apokalyptischen Ereignissen ängstigen? Man braucht es nicht, wenn man sich einige Gewissheiten vor Augen führt. Die erste Gewissheit ist: Kosmische Kräfte werden eingreifen und die Störungen beseitigen, bis Geist, Seele, Lebenssphäre und Materie wieder im Gleichgewicht sind.
Die zweite Gewissheit: Jeder Mensch ist aufgefordert und hat die Möglichkeit, mit den kosmischen Kräften bei der Beseitigung der Störungen und der Überwindung der Tiere aus dem Abgrund mitzuarbeiten und das Äußerste zu tun, um den göttlichen Maßstäben zu entsprechen. Wir sind diesen Untieren keineswegs ohnmächtig ausgeliefert, wenn wir sie in ihrem Wesen erkennen und uns dadurch von ihnen distanzieren. So können wir das Schicksal von Menschheit und Erde durch unsere Einsicht und unser Verhalten beeinflussen, ja zum Besseren wenden.
Und eine dritte Gewissheit: Der „Drache“ verfolgt gemäß der Darstellung der „Apokalypse“ ein „Weib“, das soeben einen „Knaben“ geboren hat. Das Weib – ein anderes Weib als das auf dem roten Tier – ist Sinnbild für ein weltweites göttliches Kraftfeld, gebildet von allen spirituellen Gemeinschaften, die inmitten des irdischen Chaos wirken. Es ist mit der „Sonne“ bekleidet, Bild für seine Verbindung mit dem Geist, es steht auf dem „Mond“, Symbol für die erneuerte Seele, und es trägt einen Kranz mit 12 Sternen auf dem Haupt, das heißt, das Weib ist mit ihrem Handeln auf den zwölffachen göttlichen Tierkreis, das göttliche Gesetz, ausgerichtet.
Das Weib, dieses spezielle göttliche Kraftfeld, ist schwanger mit einem göttlichen „Knaben“ und bringt ihn auch zur Welt. Er ist Sinnbild für einen neuen Menschen, der in solchen spirituellen Gemeinschaften entstehen soll und wird, den zukünftigen freien Menschen, der im Einklang mit der göttlichen Welt lebt. Weib und Knabe sind vorläufig noch nicht gesellschaftlich dominant, weshalb sie sich vor dem Drachen in Sicherheit bringen müssen.
Das Weib wird in die Wüste versetzt, einen Bereich sozialer Isolation, und der Knabe wird, solange er noch unmündig ist, durch eine besondere göttliche Sphäre geschützt.
Aber Weib und Knabe wirken bereits – denken Sie an moderne Geistesschulen, in denen Menschen heute einen spirituellen Weg gehen können. Einen solchen Weg mit sieben Stufen schildert die „Apokalypse“ ausführlich in Form der Briefe, die Johannes an die sieben Gemeinden in Kleinasien schreiben soll.
Der Drache aber verfolgt das Weib in der Wüste und speit ihr einen Strom des Hasses nach, um sie zu verderben. Aber eine besonders schöne Stelle im Text spielt darauf an, dass sogar die Erde selbst mitwirkt, die Kräfte des Bösen zu neutralisieren. Sie hilft nämlich dem „Weib“, die das „göttliche Kind“ gebiert, gegen den Drachen zu bestehen. „Und die Erde tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund (gegen das Weib) ausgespien hatte“ (Off.12, 16). Offenbar besitzt die Gaia-Erde tatsächlich Kräfte der Selbstheilung und Selbstverteidigung, die den spirituellen Entwicklungen zu Hilfe eilen.
Und die vierte Gewissheit, welche die „Offenbarung“ gibt, ist, dass für alle, die die Tiere nicht anbeten, von der göttlichen Welt seelischer Schutz bereitgestellt wird. Sie werden „an den Stirnen versiegelt“, das bedeutet: Ihr Seelenzustand, auf göttliche Gesetze und Kräfte ausgerichtet, kann von den chaotischen Ereignissen nicht behelligt werden.
Ihre innere Schwingung ist wie eine Festung, an der alle Angriffe der Tiere und ihrer Anhänger abprallen, mögen auch ihre Körper in Mitleidenschaft gezogen werden.
So können wir als Einzelne mit den kosmischen Kräften und Maßstäben mitarbeiten. Wir können die großen Ideologien durchschauen und uns von ihnen befreien, weil sie in dieser Endzeit „enthüllt“ werden. Gerade weil die „Tiere aus dem Abgrund“ in jedem von uns wirken, lassen sie sich erkennen und überwinden. Gerade weil die Christuskraft in jedem von uns wirken will, können wir an ihr anknüpfen und ihre Macht in uns wirken lassen. Nur so lässt sich auch die Angst überwinden, die sich angesichts der chaotischen Verhältnisse in uns bemerkbar macht.
Und wer sich sehr intensiv und systematisch diesen kosmischen Kräften hingeben möchte, kann bewusst einen inneren Erfahrungsweg gehen, wie ihn die „Apokalypse“ an Hand der Briefe an die sieben Gemeinden schildert.
Am Schluss noch ein Beispiel dafür, die erste Stufe dieses Weges.
Da wird die „Gemeinde von Ephesus“, der beginnende Schüler, gelobt, weil er schon „Ausdauer“ bewiesen hat. Er hat „um meines Namens willen“, also um des wahren Menschen willen, der in ihm auf Wachstum wartet, „vieles ertragen“ und ist „nicht müde geworden“. „Aber ich habe wider dich“, fährt der Text fort, „dass du deine erste Liebe verlassen hast. So denke nun daran, wovon du abgefallen bist“ (Off 2, 3-5). Die „erste Liebe“: Das ist die Liebe, die aus der Resonanz des menschlichen Herzens auf die Berührung durch die göttliche Liebe entsteht. Es ist keine schöne irdische Emotion oder Schwärmerei. Es ist einfach Treue zum Ruf des göttlichen Geistes. Das ist entscheidend gerade für den Beginn des Weges. Denn daraus folgen alle weiteren Schritte.
Niemand braucht an den negativen Entwicklungen hängen zu bleiben. Wenn er sie immer wieder mit Hilfe der göttlichen Kräfte erkennt und durchschaut, wenn er sich von ihnen und von der Angst vor ihnen löst, kann er sich auch immer wieder frei auf das wahre Ziel des Menschseins richten, auf den Aufbau eines neuen, freien Menschen.
Wenn er sich auf diese Weise selbst verändert, unterstützt er die Kräfte des „Einen“ und trägt zur Veränderung der Welt, ihrer seelischen und ihrer materiellen Seite, bei. Und deshalb berichtet Johannes am Ende der „Apokalypse“: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, und der erste Himmel (die seelische Seite) und die erste Erde (die materielle Seite) waren nicht mehr“
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