19.12.23

Gnostisches Christentum - Forum für ein gnostisch-rosenkreuzerisches Christentum - 23 Brief

Briefe zum gnostischen Christentum

 „Kommt und seht selbst!“ (Johannes 1, 39) München, Dezember 2023 

23. Brief: Die Bergpredigt V: Das Vater-Unser


Es besteht aus sieben Bitten. Die erste Bitte lautet: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln, dein Name werde geheiligt.“ „Name“ ist das selbe wie „Wesen“. Das „Wesen“ des Vaters, des Schöpfers der Welt und des ursprünglichen Menschen, ist in erster Linie die göttliche Wahrheit, aus der alles hervorgeht, die alles ordnet und nach ihren Maßstäben entwickelt. Wenn ein Mensch darum bittet, dass dieses „Wesen“ des Vaters, die göttliche „Wahrheit“, „geheiligt“, das heißt, verwirklicht werde, so bezieht sich das in erster Linie auf ihn selbst: In ihm, so bittet er, werde die göttliche Wahrheit als Wesen des ursprünglichen Menschen verankert. Als Schüler bittet er darum, dass der ursprüngliche Mensch, das Ebenbild Gottes, in ihm wieder auferstehe. In zweiter Linie bittet er darum, dass diese göttliche Wahrheit in seinen Mitmenschen, und schließlich als Ordnung in der Gesellschaft und in allen Völkern zu Geltung kommen möge.

Die zweite Bitte lautet: „Dein Reich komme.“ Unter dem „Reich“ ist die alles umfassende Einheit aller Wesen des Universums zu verstehen. Und wie könnte diese Einheit zustande kommen, wenn nicht durch die Harmonie aller Wesen untereinander, durch die „göttliche Güte“ oder „Liebe“ des Vaters, die alle auf der Grundlage der Wahrheit mit einander verbindet.

Die dritte Bitte ist: „Dein Wille geschehe.“ Was ist der „Wille“ des Vaters? Dass seine Kräfte, Güter und Chancen im ganzen Universum gerecht für jeden Einzelnen, jede Gemeinschaft und jedes Volk verteilt seien. Wenn das geschieht, ist die „Gerechtigkeit“ des Vaters auf der Grundlage seiner „Wahrheit“ und „Liebe“ gewährleistet.

Bei der Gewährung seiner drei Wesenseigenschaften „Wahrheit, „Güte“ und „Gerechtigkeit“ ist der Schöpfer des Alls, der „Vater“ absolut frei. Er ist ja selbst das Universum. Wer könnte ihm diese Freiheit streitig machen? Doch auch seine aus ihm hervorgegangenen Wesen, unter anderem die Menschen, haben diese göttliche Eigenschaft der Freiheit vom Vater mitbekommen. Denn wenn etwas aus ihm hervorkommt, kommen zugleich all seine Eigenschaften, noch unentwickelt wie die Samen aus einer Pflanze, aus ihm hervor.

Daher ist der Mensch frei, dem in ihn gelegten göttlichen Samen zu folgen und ihn zur Vollkommenheit zu entwickeln, oder dabei auf Irrwege zu geraten. Diese werden dennoch durch die Wahrheit, Güte und Gerechtigkeit des „Vaters“, zum Beispiel durch das Karma (Gerechtigkeit) oder die Gnade (Güte), im Lauf der Jahrmillionen so korrigiert werden, dass der Mensch lernen kann, seine Freiheit in Zukunft im Sinne des in ihn gelegten Entwicklungsziels zu gebrauchen und „vollkommen zu werden, wie euer himmlischer Vater  vollkommen ist“. (Matthäus 5, 48)

Die drei ersten Bitten des Vaterunsers beziehen sich unmittelbar auf das Verhältnis der Beter zum Vater. Die Bitten vier bis sieben beziehen sich auf die Möglichkeiten der einzelnen Menschen, zur Vollkommenheit des himmlischen Vaters hinzuwachsen.

 

Die vierte Bitte lautet in diesem Sinn: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Das „tägliche Brot“ bedeutet zunächst alles, was zum irdischen Leben notwendig ist: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Schutz und dergleichen. Aber der Mensch „lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes hervorgeht“ (Matthäus 4, 4). Ein sinnvolles Leben wird nur dadurch möglich, dass der Mensch dieses „Wort“, das göttliche Brot, empfängt. Hat nicht Jesus gesagt: „Ich bin das Brot des Lebens?“ Ist das nicht dasselbe wie das „Wort, das aus dem Mund Gottes hervorgeht“? Das göttliche Brot ist nichts anderes als die Einsicht in die Aufgabe des Menschen und die Kraft, diese Einsicht zu verwirklichen, wie sie der innere Jesus bringt.

Mit diesem „Wort“, dieser Einsicht und Kraft kann der Mensch seine täglichen Aufgaben so lösen, dass er seiner Bestimmung folgt: vollkommen zu werden wie der himmlische Vater. Um dieses Brot vor allem, diese tägliche Einsicht und Kraft, das Ziel seines Menschseins zu verwirklichen, bitten die Beter des Vaterunser mit der vierten Bitte.

 

Die fünfte Bitte „Und vergib uns unsre Schulden, wie auch wir vergeben haben unsern Schuldnern“, wendet sich an die Güte Gottes, der wirklich jede Schuld vergeben wird, wenn sie mit ehrlicher Reue und der Absicht, Wiedergutmachung zu leisten, verbunden ist. Hinzu kommt als Bedingung, dass der Beter auch seinen Schuldnern vergeben, das heißt, wenigstens ernsthaft versucht hat, seinen Hass oder seine Abneigung gegen sie aufzulösen, auch wenn das lange dauern könnte. Hier kann nur das göttliche Brot aus der vierten Bitte helfen: die Kraft, die im Innern des Menschen aus seiner Einsicht in die Ursachen seiner und anderer Verschuldungen entsteht. Sind nicht alle Menschen, seien es Eltern, Kinder, Vorgesetzte oder Abhängige, wegen ihrer eigenen Unvollkommenheit an der Unvollkommenheit der Mitmenschen schuldig? Verletzen sie nicht andere durch Wort, Bild und Tat ununterbrochen?

Und müssen wir uns nicht auch bei dem „Anderen“ in uns, beim Bergpredigtschüler, entschuldigen, wenn wir als Ich-Menschen unseren Trübsinn oder unsere Vorstellungen, kein guter Schüler zu sein, zu sehr pflegen? Auch umgekehrt: Wenn wir als Ich-Menschen meinen, wir seien schon fortgeschrittene Bergpredigtschüler, machen wir Schulden gegenüber dem Anderen!

Dann könnten wir die fünfte Bitte ergänzen: „Unser Vater, willst Du uns auch unsere Ich-Schulden gegenüber dem Anderen vergeben, wie auch wir uns diese Ich-Schulden vergeben haben.“

 

Die sechste Bitte lautet: „Und führe uns nicht in Versuchung.“ Wenn Gott als „Vater“, das heißt Verursacher und Schöpfer aller Dinge, auch des „Bösen“, im Universum aufgefasst wird – das taten die Juden damals –, dann  muss er auch als derjenige  aufgefasst werden, der die Versuchungen durch die „Reize“ dieser Welt, wie sie bei Matthäus, Kapitel 4, geschildert werden,  zulässt, wenn nicht herbeiführt. Denn Versuchungen müssen auf den Menschen, vor allem auf den Schüler zukommen, der innere Freiheit, Selbstverantwortung und die Kraft, seiner eigenen Bestimmung zu folgen, erlernen will. Diese uns etwas fremd anmutende Bitte (sollte der „Vater“ selbst seine „Kinder“ in Versuchung führen?) könnte daher besagen, dass Gott den Satan zügeln, oder dass er selbst darauf verzichten möge, Versuchungen zuzulassen, welche die Abwehrkraft des schwachen Menschen übersteigen. Möge der Vater Gnade vor Recht ergehen lassen!

 

Mit der siebten Bitte: ...“sondern erlöse uns von dem Bösen“, sagen die Beter, nach der sechsten Bitte, ganz offen, Gott möge den Satan nicht nur zügeln, sondern ihn überhaupt ausschalten, so dass das Böse keine Gewalt mehr über den schwachen Menschen habe.

 

Mit den Bitten eins bis drei wenden sich die Beter an den Vater als den Allmächtigen im Universum, der wie in den Betern selbst, auch auf den drei oberen kosmischen Ebenen herrscht: der des Geistes (Wahrheit), der der Seele (Güte) und der des Körpers (Gerechtigkeit).

Mit den Bitten vier bis sieben verbinden sich die Beter mit dem Vater auf den vier Ebenen ihrer Persönlichkeit: dem Denken, in dem die rechte Einsicht entstehen soll, dem Empfinden, das durch Vergebung zur Harmonie mit der göttlichen Güte geführt werden kann, mit dem Lebenswillen, der nicht übers Ziel hinausschießen darf, und dem materiellen Körper, der den Angriffen des „Bösen ausgesetzt ist und sie nicht ohne Hilfe abwehren kann.

Das ganze Leben der Persönlichkeit: in der Welt, im Einzelnen und in der Gemeinschaft wird der Obhut des „Vaters“ übergeben, der weiß, was am besten für den Beter ist, doch ihm in den Bitten 4 bis 7 die Freiheit lässt, selbst sein Leben zu gestalten.

 

Rituale

 

Immer hat der Schüler, auch auf dem spirituellen Weg, vielleicht schon im durchlichteten Zustand seines Leibes, darauf zu achten, dass die Voraussetzung für diesen Weg, die Beachtung des Jahwe-Gesetzes, nicht zu kurz kommt. Diese Bedingung wird er im neuen Seelenzustand leicht erfüllen können. Trotzdem tauchen vielleicht aus früheren Phasen der Ich-Entwicklung mitunter irritierende und den Weg blockierende Gewohnheiten auf.

Jesus hatte zu seinen Schülern gesagt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr – auch wenn ihr euch auf dem spirituellen Weg befindet – nicht in den Himmel kommen“ (Matthäus 5, 20). Er bezog sich damit auf eine offenbar weit verbreitete, üble Seite der „Gerechtigkeit“ der Schriftgelehrten und Pharisäer: auf die Heuchelei, die Scheinheiligkeit im Gegensatz zur Wahrhaftigkeit.

 

Jesus spricht Verstöße des Schülers gegen die hohe Forderung der Wahrhaftigkeit in drei Aspekten an: Beim Almosenspenden, beim Beten und beim Fasten. Diese Aspekte des Schülerverhaltens gehören, da auch die Schülergemeinschaft notwendig noch im irdischen Leben steht, zu den äußeren Pflichten des Schülers. Er wird bei allen drei Aspekten darauf achten, dass er diese Pflichten von seinem neuen Seelenzustand aus absichtslos erfüllt, und nicht, um Ansehen zu erwerben. Scheinheiligkeit wird gewiss seiner Seele schaden.

 

Erstens wird er sich beim Spenden für das Werk der Schülergemeinschaft   oder bei sonstigem Wohltun nicht darum kümmern, ob ihm dabei jemand zusieht, und wird nicht herumposaunen, wie viel er als „guter Schüler“ gegeben hat. Er wird in dieser Hinsicht schon aus Dankbarkeit für das ihm von seiner Geistesschule Geschenkte alles ihm Mögliche tun, und das auch möglichst „im Verborgenen“, so dass nicht einmal „seine linke Hand weiß, was die rechte tut“. Und „der Vater, der ins Verborgene sieht“, wird ihm sein Verhalten durch neue Seelenkraft „vergelten“.

 

Zweitens wird sich der Schüler beim Beten auf einen stillen Platz, ins „Kämmerlein“,  zurückziehen und dort den Kontakt zum Vater im Himmel suchen, ohne darauf zu achten, ob ihn jemand beobachtet und bewundert. Auch damit öffnet er sein Verborgenes für den Blick des Vaters. Deshalb kann ihm dieser selbst bei den schwierigsten oder peinlichsten  Problemen helfen und wird ihm seine  Bescheidenheit mit Seelenkraft „vergelten“, da die Seelenkraft des „Vaters“ gerade dann in ihm wirkt, wenn der Schüler wahrhaft bescheiden ist.

Der Beter wird außerdem nicht viel unnützes Geschwätz machen, um den „Vater“ zu eventuell gewünschten Maßnahmen zu überreden. Denn er weiß, der „Vater“ hört schon ungebeten zu und kennt von vornherein die tiefsten geistig-seelischen Bedürfnisse und für den Weg notwendigen materiellen Voraussetzungen des Beters.

 

Zum Problem der Scheinheiligkeit gehört auch das „Fasten“ des Schülers als dritte Versuchung zum Hochmut. Er wird sich beim „Fasten“, das ist ein Rückzug aus dem Alltag in  die  Einsamkeit, und aus den üblichen Speisegewohnheiten in bewusste Abstinenz, nicht mit den Anzeichen der Entbehrung brüsten, die andere auf ihn aufmerksam machen könnten. Im Gegenteil: Er wird sich wie bei einem Fest kleiden und salben, damit er jede Bewunderung seiner Askese durch andere vermeidet. Der Vater, „der ins Verborgene sieht“, wird wissen, was in Wirklichkeit in ihm vorgeht. Er wird es ihm „vergelten“, weil auch ein solches Verhalten die neue Seelenkraft in sein Herz einlässt.

 

Jesus wendet sich sodann der Tatsache zu, dass der irdische, von der göttlichen Wahrheit berührte Mensch stets zwischen zwei Lebensauffassungen schwankt: Er kann immer noch seine Hoffnung auf das vergängliche Glück in der irdischen Welt oder auf das unvergängliche Glück in der himmlischen Welt setzen. In dreierlei Hinsicht beschreibt Jesus diese Alternative.

 

Er warnt seine Schüler: „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden.“ Denn auch im beginnenden Schüler ist noch der Ich-Drang wirksam, sich Schätze anzuhäufen. Der Ich-Mensch spürt, dass aller irdische Besitz unsicher ist, und lebt doch in der unausrottbaren, unrealistischen Hoffnung, dass er sich durch möglichst viel Besitz vor Unglück und Tod schützen könnte. Er spürt vor allem, dass seine Kräfte abnehmen, je näher der Tod rückt, und sucht die innere Leere durch äußeren Reichtum zu füllen, der doch, wie ihm die Erfahrung sagt, durch Diebe gestohlen werden kann und durch Geldentwertung – das sind die „Motten und der Rost“ – ständig zu schwinden droht. Auch die ausgeklügelsten Anlagefonds sind nicht zuverlässig. Deshalb lebt er in ständiger, schlafraubender Angst vor dem Verlust seiner Investitionen und Goldreserven.

Wenn er nur wüsste, dass mit dem Tod nicht alles aus ist; wenn er die Torheit der ihn umgebenden Materialisten aufgeben und akzeptieren könnte, dass auch nach der Zerstörung seines grobstofflichen Körpers eine Aufgabe auf seine feinstofflichen Körper im Jenseits auf ihn wartet! Da würde er auf seinen ewigen, geistigen Seelenkern achten und ihn bewusst zu entwickeln versuchen.

Wenn er dies, wie es Jesus in der Bergpredigt vorschlägt,  dadurch tut,  dass er die vergänglichen Ichkräfte zu Gunsten der unvergänglichen Seelenkräfte zu verlieren sucht, wird seine Seele im Lauf ihrer Inkarnationen in immer neuen Stoffkörpern wachsen, bewusst und unsterblich werden.

Diese unsterblichen Seelenkräfte sind die unvergänglichen „Schätze im Himmel“, von denen Jesus auf dem Berg spricht. Und wenn das Bewusstsein eines solchen Menschen während des Lebens auf diese Möglichkeit gerichtet ist, wird der Zwang, sich durch vergängliche Güter zu schützen, abnehmen. Sein Herz, seine Seele, wird dann nicht mehr so töricht auf irdische Schätze vertrauen, was doch angesichts der Naturgesetze sehr unintelligent ist. Wenn sich das Herz bleibend und ohne irdische Gier für unvergängliche Seelenkräfte aus der Ewigkeit öffnet, werden sie ihm zufließen, und seine Ich-Sucht, irdische Schätze zu horten, wird ihn nicht mehr quälen. „Wo euer Schatz ist, da ist euer Herz.“ Solange das Herz an irdischen Schätzen hängt, aus Angst, sie zu verlieren, wird der Mensch sie verlieren. Sobald sich das Herz zögernd himmlischen Kräften im eigenen Wesen öffnet, wird es diese Kräfte, und auf lange Sicht auch den Schatz der Unsterblichkeit gewinnen.

 

Der Meister auf dem Berg fährt fort: „Das Licht des Leibes ist das Auge.“ Das Auge öffnet sich dem Licht oder dem Dunkel und lässt es in den ganzen Leib herein. Das böse Auge wendet sich dem Dunkel zu und sieht vor allem den Schmutz der irdischen Welt. Dadurch wird das Bewusstsein, in das dieser Schmutz eindringt, immer noch böser. Dieses Bewusstsein zieht das Böse in den ganzen Leib hinein, und so wird auch das Handeln böse. Das ganze Leben wird böse werden.

Das lautere Auge hingegen sieht das helle Licht des Guten, Wahren und Schönen und zieht es in den Leib hinein, der dann auch in Wahrheit, Güte und Schönheit handelt. Auf diese Art wird das Bewusstsein erst das Böse in der Welt richtig erkennen können, und wird zu vermeiden suchen, dass der ganze Leib finster und böse wird.

 

„Wenn aber dein Auge böse ist, wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht (das Bewusstsein) in dir schon Finsternis ist, wie groß wird die Finsternis sein!“ sagt Jesus zu seinen Schülern. Je mehr Lauteres, Reines, Klares, Wahres und Schönes das Auge sieht, desto lauterer, reiner, wahrer und klarer wird auch das Bewusstsein sein und den Leib und dessen Handeln entsprechend prägen.

Auf dem Schülerweg wächst das Gefühl, dass das Bewusstsein, eben das Auge, und die daraus entspringende Einsicht stets klarer wird und sogar eine Durchsichtigkeit des Leibes bis zur Erleuchtung hervorbringen kann. Das Licht der Ewigkeit durchdringt dann den Leib und verwandelt ihn, bis er den Gesetzen der Ewigkeit wieder entspricht und in die Ewigkeit zurückkehrt. Das wird für den Schüler eine so überzeugende Erfahrung sein, eine so schöne Empfindung, dass danach jede in den Leib eingelassene Finsternis als schädlicher, schmerzhafter Flecken am Leib, im Leib, empfunden wird. Deshalb achtet er darauf, dass alles Schmutzige und Böse, das sein Auge trifft, sei es beim Lesen, beim Betrachten der Welt und der Zeitumstände, sogleich vom Bewusstsein erkannt und gar nicht erst in den Leib und sein Handeln eingelassen wird.

 

Aus der Erfahrung, dass nur ein Herz, das am ewigen Schatz hängt, und dass nur ein lauteres Auge, welches das Licht in den Leib einlässt, das Leben des Schülers sinnvoll macht und ihn der Erfüllung seines  Daseins näher bringt, entsteht die Einsicht: „Niemand kann zwei Herren dienen.“ Die Entscheidung für den Herrn der himmlischen Schätze und des lauteren Lichts dürfte prinzipiell nicht schwer sein, wenn die oben beschriebenen Erfahrungen auf dem Schülerweg gemacht werden.

Sie können auch im gewöhnlichen Leben gemacht werden und dazu führen, dass ein Mensch sich bewusst für den Herrn der himmlischen Schätze und des lauteren Lichtes entscheidet. Ein Ich-Mensch oder ein Schüler auf dem Weg jedoch wird stets den widerstreitendsten Einflüssen aus der irdischen Welt in ihm und außerhalb von ihm ausgesetzt sein. So mancher irdische Mensch oder Schüler schwankt lange Zeit zwischen beiden Herren, dem Ich mit seinen verlockenden Versprechungen der Macht, des Reichtums und des Ruhms (den drei Versuchungen Jesu), und dem spirituellen Weg, der lange Zeit „durch die Wüste“ führt.

Hier gilt auch schon der Rat, den Jesus gegen Ende der Bergpredigt gibt: „Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zum Verderben hinführt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen; denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden“ (Matthäus 7, 13-14).

 

 

 

 

 

 

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