09.01.25
Gnostisches Christentum - Forum für ein gnostisch-rosenkreuzerisches Christentum - 30. Brief
Briefe zum gnostischen Christentum „Kommt und seht selbst!“ (Johannes 1, 39)
München, Januar 2025
30. Brief
Der Weg des ursprünglichen Christentums,
dargestellt an Hand der Bergpredigt, Matthäus 5, 1-12,
Selig sind die Bettler um Geist; denn ihrer ist das Reich der Himmel
Die „Bettler um Geist“, so lautet die wörtliche Übersetzung aus dem Griechischen (hoi ptoochói too pneúmati). Es sind die Menschen, die sich nach dem Geist sehnen, so wie Bettler um Reichtum flehen. Sie sehnen sich nach tragfähigem Lebenssinn, den sie seit langem verloren haben. Das ist die innere Ausgangssituation des Weges zur Befreiung im Geist. Ihnen wird auf lange Sicht das Reich der Himmel gehören. Diese Gewissheit ist schon jetzt ihre Seligkeit.
Selig sind die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Das ist nicht in erster Linie das Trauern oder Leiden wegen der eigenen und fremden schlimmen Zustände auf der Erde, sondern diese Menschen trauern vor allem, weil sie und andere Menschen den Lebenssinn verloren haben, und weil gerade dadurch so chaotische Zustände in ihnen und auf der Erde entstanden sind. Aber sie werden getröstet werden, weil sie auf ihrem Weg, wenn sie den Lebenssinn wieder finden, statt Trauer selige Freude empfinden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land besitzen.
Es geht um den Besitztrieb, das Haben-Wollen. Diese Gier ist das Gegenteil von Sanftmut, die anderen deren Besitz gönnt. Wer auf dem Weg zur Erlösung von Habgier befreit wird oder sich selbst davon befreit, wird das „Land“, das ist das „Reich Gottes“, besitzen, statt irdische Länder, wenn er sie nicht kriegt, mit Kriegen erobern zu wollen. Solche Menschen sind begierdelos, sanftmütig, und besitzen das Reich Gottes als inneren Reichtum. Das ist ihre Seligkeit.
Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.
Hunger nach Gerechtigkeit im politischen, sozialen oder privaten Bereich kann die Seele verzehren. Warum geht es mir so schlecht und anderen so gut? Warum haben sie die Macht und bin ich so ohnmächtig? Auf dem Weg zur Erlösung aber können diese Menschen ihr Karma erkennen, das sie und andere in die jeweilige Ungerechtigkeit gebracht hat. Diese setzt sich unendlich fort, wenn sie nicht aufgelöst wird. Wenn aber die nach Gerechtigkeit Hungernden ihr Karma mit Hilfe der göttlichen Kraft erkennen und sich darein schicken, werden sie die Ungerechtigkeit ertragen lernen, und, „gesättigt“ durch errungene Zufriedenheit, selige Harmonie an Stelle der Disharmonie erleben.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Eitle Selbstliebe macht hartherzig. So jemand will bewundert werden, statt zu dienen. Auf dem Weg zur Erlösung kann er sich seines Wunsches nach Bewunderung, durch den er andere ausbeutet, bewusst werden, und ihn von der göttlichen Kraft, der er sich mehr und mehr öffnet, auflösen lassen. So werden hartherzige Menschen in barmherzige verwandelt werden, die sich für andere einsetzen und selbst Hilfe von anderen annehmen können. Das wird sie selig machen.
Die drei Fähigkeiten der Seligpreisungen 3-5, die auf dem Weg der Öffnung für das Göttliche im Bergpredigtschüler entstehen: die Fähigkeiten, anderen etwas zu geben, anderen das Ihre zu lassen, und anderen zu dienen, bilden sich heraus, wenn diese Schüler den drei Versuchungen des inneren „Teufels“, wie sie auch Jesus in der Wüste der Welt erlebt hat, zu widerstehen vermögen: der Versuchung zur Habsucht, Herrschsucht und Ruhmsucht. Dadurch ist ihr Herz rein geworden, frei von Bindungen an die äußere Welt und frei für das Erleben einer neuen inneren Welt.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Ein neues Organ hat sich in solchen Schülern ausgebildet: ein Auge, das Gott schauen kann, weil seine Schwingung den Schwingungen der göttlichen Welt entspricht. Das Herz ist rein geworden, ungetrübt, und kann jetzt auch den Verstand, der sich im westlichen Menschen eine oft übertriebene Vorrangstellung angeeignet hat, neu ausrichten. Eine Einheit von Haupt und Herz entsteht, das ganze Wesen wird rein, und die göttliche Welt wird nun, auf dem Weg über ein neues Organ im Haupt, mit dem Herzen zusammenarbeiten,
Selig sind die Friedensstifter; denn sie werden Söhne Gottes heißen.
Das ist die siebte Stufe des befreienden Weges. Über das Haupt des Bergpredigtschülers fließt ein göttlicher Strom ins Rückgrat bis hinunter in den Plexus sacralis und wieder zurück, Der heilige Geist wird wie ein Feuer wirksam, transfiguriert endgültig das ganze Wesen und macht diesen Menschen zu einem „Friedensstifter“, wie die richtige Übersetzung lautet. So jemand ist ein Eingeweihter, ein „Sohn Gottes“, der mit seinen göttlichen Kräften in der irdischen Welt wirken und die göttliche Welt darin wieder zur Geltung bringen kann – so weit es die göttlichen Gesetze zulassen. Jesus der Christus ist das Musterbeispiel, der diesen ganzen Befreiungsweg vorgelebt hat und anderen die Möglichkeit gibt, ihm nachzuleben. Er ist nicht der einzige Sohn Gottes, worauf von vielen so großer Wert gelegt wird, sondern er gehört zu den “Söhnen Gottes“, die ihre Seligkeit im Dienst für die Menschheit wirken lassen.
Diesen sieben Seligpreisungen folgen noch Sätze, die ebenfalls gut verstanden werden müssen. Sie stellen eine noch größere Seligkeit dar, die sich ergibt, wenn jemand als „Friedensstifter“ lebt und arbeitet.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Selig seid ihr wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Arge wider euch reden um meinetwillen und damit lügen. Freut euch und frohlockt, weil euer Lohn groß ist in den Himmeln. Denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind.
Warum ist jemand selig, der um der Gerechtigkeit willen verfolgt wird? Ist er selig, weil er gewiss sein kann, dass er auf dem richtigen Weg ist und sich wie Jesus selbst opfert? Oder ist er selig, weil er um der Wahrheit willen leiden darf? So eine Auffassung kann nur ein Mensch haben, der sich noch im irdischen Bewusstsein und Empfinden bewegt!
Das passt gar nicht zu den vorherigen sieben Seligpreisungen. Sie zeigen doch, dass Jesus von Menschen spricht, die einen inneren Weg zur Seligkeit gehen. Sie gelangen auf ihrem Weg über irdisch-menschliche Denk- und Fühlweisen hinaus und erleben das Glück einer stets innigeren Einheit mit Gott.
Daher haben auch diese Seligpreisungen einen Sinn, der einer mit göttlicher Kraft erfüllten Seele entspricht. Sie zeigen, dass ein Mensch, der aus einer göttlichen Seele heraus als „Friedensstifter“ wirkt, eine immer vollkommenere Seligkeit erleben wird. Denn er bemerkt, wie seine Liebe, ohne sein Zutun, gerade dann wächst, wenn er wegen seiner göttlichen Art und Handlungsweise angegriffen wird. Ein solcher Angriff setzt eine noch größere Liebeskraft in ihm frei und löst einen noch größeren Liebesstrom in ihm aus. Und auch für den Angreifer selbst könnte der Angriff segensreich sein. Denn er wird, ihm unbewusst, mit der Liebe des Angegriffenen konfrontiert. Dadurch könnte er selbst zur Besinnung kommen. So würden die Angreifer-Mächte auf der Welt überhaupt geschwächt werden. Eines Tages würde die göttliche Liebe in allen Menschen und überall wieder herrschen!
Damit enthüllen diese achte, neunte und zehnte Seligpreisung ihren für den irdischen Menschen verborgenen Sinn, Sie zeigen, wie das „Reich der Himmel“ an Liebeskraft und Herrlichkeit gerade dadurch, dass die Friedensstifter verfolgt werden, immer noch wächst, auch wenn scheinbar die Gegenkräfte gegen sie stärker werden. Und auch die Seligkeit der Menschen, welche ihre Liebeskraft als Friedensstifter freisetzen, nimmt zu, bis die ganze Menschheit ins „Reich der Himmel“ zurückgekehrt ist.
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